GREWER INDUSTRIEDESIGN

Just-in-Case statt Just-in-Time

Just-In-Case / Kette Metall

Als Industriedesigner spreche ich mit Maschinen- und Anlagenbauern aus den unterschiedlichsten Bereichen der Branche. Daraus ergeben sich oft Schlaglichter auf aktuelle, dynamische Situationen, aber auch Einblicke in langfristige Veränderungen. Seit Beginn der Corona-Pandemie ist die Lage der Branche äußerst kontrastreich.

Dabei ist mir aufgefallen, dass es hierzulande wieder vermehrt zu Aktivitäten im Auf- und Ausbau von Lagerkapazitäten kommt, und ich bin daher der Frage nachgegangen, welche Faktoren dem zugrunde liegen.

Dass dies nicht nur kurzfristige Schockreaktionen sind, ist unverkennbar. Während der Maschinenbau aktuell mit an der Spitze der Optimisten bei den Konjunkturerwartungen des Verarbeitenden Gewerbes steht – bei der jüngsten ifo-Umfrage erwarten 38 Prozent wieder steigende Produktionszahlen – stand es vor Jahresfrist deutlich schlechter. Besonders die Sorge um die Aufrechterhaltung globaler Lieferketten hatte Anfang 2020 die wirtschaftlichen Prognosen purzeln lassen. Dass es den Maschinenbau anfangs besonders hart traf, hatte eine ganze Reihe von Gründen. Einer der zentralen war und ist die angespannte Situation bei der Lieferkettenplanung.

Just-in-Time setzt global reibungslos funktionierende Lieferketten voraus

Diese Planung beeinflusst auch, in welchen Ländern oder Regionen verstärkt Kapazitäten aufgebaut werden, um den künftig individueller, regionaler und zeitlich stärker variierenden Kundenanforderungen gerecht zu werden.

Der Just-in-Time-Ansatz, der eine bedarfssynchrone Produktion ermöglichen soll und in den letzten Jahren forciert wurde, erfordert eine genaue Nachfrageprognose sowie – meist globale – Lieferketten, die so gesteuert werden können, dass sie auf die regionale Nachfrage flexibel eingehen können.

Hier schon kommen die Liefer-Risiken in den Blick. Waren Handelshemmnisse früher oft regulatorische Hürden, die durch die global orientierte Politik mehr und mehr abgebaut wurden, sind es heute zunehmend auch unvorhersehbare Ereignisse, wie etwa der Unfall jüngst im Suez-Kanal, die ganze Logistik-Bereiche und damit die fein abgestimmten Zeitpläne einer Vielzahl von Marktteilnehmern durcheinander bringen können. Auch neue temporäre Grenzkontrollen etwa innerhalb der EU beeinträchtigen die Just-in-Time-Planung in gravierender Weise. Man erinnere sich an die LKW-Staus in der Hafenstadt Dover Ende 2020, als es wegen der britischen Corona-Mutation kurzfristige Einreisebeschränkungen gab.

Just-in-Case bietet Vorteile für künftige Produktionsmodelle

Deshalb erinnern sich Bedarfsplaner in Europa wieder an das Just-in-Case-Modell, welches in den Boom-Jahren der 80er in der Lage war Bedarfsspitzen in der Produktion zu erfüllen. Ein gut gefülltes Material- und Ersatzteilelager kann den Unterschied zwischen nachlassender Lieferfähigkeit und zahlreichen weiteren, zufriedenen Kunden machen, wenn unvorhersehbare Ereignisse eintreten sollten.

Just-in-Case, welches über Jahrzehnte als inflexibler Renditekiller galt, könnte noch aus anderem Grund eine Renaissance erleben. Denn die zunehmend digitalisierte Produktion erlaubt es wesentlich individuellere Produkte zu fertigen und schnellstmöglich zuzustellen. Daraus leitet sich wiederum die Tendenz zu verbrauchsnaher Produktion, mit ebenfalls möglichst bedarfsgerecht lieferfähigen, regional koordinierten Zulieferern, ab. Aus der Zusammenarbeit mit lokalen Fertigern ergibt sich darüber hinaus noch ein weiterer Vorteil, wie einer meiner Auftraggeber – Josef Strobl von der BaSt-Ing GmbH – in einem Online-Artikel beschreibt: „Unser Entwurf wird zusammen verbessert, bis die angestrebte Funktion auch mit dem Produktionsprozess harmoniert, wodurch die Herstellung oft auch günstiger wird. Ein reiner Massenfertiger in China würde das bei unseren Stückzahlen nie leisten, der würde einfach die erste Zeichnung durch die Anlage schicken.“ Gerade auch diesen Optimierungsprozess kann ich als Gestalter mit Ideen für produktionsgerechtes Industriedesign sehr gut beratend begleiten.

Die wahren Risiken sind für Produzenten meist nicht abschätzbar

Wenn darüber hinaus die zuletzt deutlich gestiegenen Transportkosten den Renditesenker „Lagerkosten“ wenigstens teilweise ausgleichen, wird die Tendenz weiter in diese Richtung gehen. Denn während Lagerbestände von Rohprodukten und Systemkomponenten kalkulierbare wirtschaftliche Einbußen bedeuten, reißen Lieferketten auch gerne mal komplett und legen ganze Unternehmen lahm.

Ein solches Risiko können die wenigsten Unternehmen umfassend abschätzen, denn meist reicht deren Einblick nicht über die unmittelbaren Lieferanten hinaus. Welchen Risiken diese wiederum ausgesetzt sind, ist vom Endproduzenten kaum zu überblicken. So könnte die Rohstoff-Abhängigkeit aus einer bestimmten Region am Anfang der Kette zu einem domino-artig sich fortpflanzenden Geschehen von Betriebsunterbrechungen führen.

Wie in Corona-Zeiten oder auch beim erwähnten Unfall des riesigen Containerschiffs „Ever Given“ im Suezkanal erlebt, kann ein einzelnes unvorhersehbares Ereignis Schockwellen um den Globus schicken, die in einer allzu bedarfsgerecht „auf Kante genähten“ Materialfluss-Wirtschaft kostenintensive Konsequenzen nach sich ziehen.

Just-in-Case fassen wir es zusammen:

  • Eine langsame und dafür zuverlässige Lieferkette ist besser als eine gerissene, die nur unter Optimal-Bedingungen schnell war. Unternehmen investieren ganz sicher lieber in mehr Lagerraum statt in teure Notfalltransporte.
  • Erhöhte Lagerbestände können in einem dynamischen Konjunktur-Umfeld auch Nachhol-Effekte abpuffern, die sonst ungenutzte Gelegenheiten darstellen würden.
  • Die künftige Herausforderung ist es, Kunden individuell bedienen zu können. Eine schnelle Lieferung aus einer großen Produktvielfalt mit der Möglichkeit zur Individualisierung des Produktes setzt eine dynamische Zulieferungssteuerung voraus – und das kann über eigene oder zumindest ortsnahe Produktion und Lagerung erfüllt werden.

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